Ryek Darkener: Die Schwarmkönigin.

Die Jahre 38-45. Geschichten aus der Welt nach dem Letzten Krieg.

 

Die Schwarmkönigin ist das dritte Buch der Reihe „Geschichten aus der Welt nach dem Letzten Krieg“, das ich gelesen habe. Allerdings liegt die Lektüre der anderen beiden schon einige Zeit zurück, so dass ich mich nur vage an die Welt, in der es spielt, erinnerte. Rein zeitlich spielt „Die Schwarmkönigin“ vor den anderen Büchern.

„Die Schwarmkönigin“ hat mich gleich in seinen Bann gezogen. Ich wurde sofort in die Handlung geworfen, was den Vorteil hat, dass es von Anfang an spannend ist und keine ellenlangen Beschreibungen oder Welterklärungen vorhanden sind. Es hat aber auch den Nachteil, dass ich an vielen Stellen das Gefühl hatte, wenig zu verstehen. Manches blieb vage oder gar unverständlich. Es ist eine Spezialität Darkeners, dass er fast nichts erklärt. Man muss sehr genau lesen, um sich die Welt und die Motive der Charaktere zu erschließen. Dadurch bekommt der Text eine Dichte, die einerseits eine Stärke und andererseits eine Herausforderung ist.

Darkeners Welt fällt zunächst durch ihre Kälte auf: Es ist eine Welt, in der niemand persönliche Beziehungen um der Beziehungen oder der Menschen willen hat. Alles muss sich lohnen, wird dem eigenen Vorteil und/oder dem Überleben untergeordnet. Das wäre für mich schwer zu ertragen., wäre da nicht Darkeners großartiger trockener Humor und eine knappe Sprache, die nie zum Kitsch neigt. Plus eine bunte Welt, die fern jedes Exotismus ist. Die Verhaltensweisen verschiedener Spezies beschreibt er humorvoll, plastisch und nachvollziehbar. Der Text ist plotgetrieben und spannend. Leider, das kann ich hier schon verraten, gelingt es Darkener diesmal nicht, die Spannung bis zum Ende zu halten.

Aber schön der Reihe nach: „Die Schwarmkönigin“ ist eine Ich-Erzählung im Präsens rund um die Protagonistin Guja, deren Eltern ermordet wurden und zwar von den Leuten, die Guja dann aufzogen. Guja hat also von Beginn an einen schweren Start – und eine hochambivalente Beziehung zu ihrem primären Bezugspersonen. Sie ist trotz ihrer erst siebzehn Jahre eine abgebrühte Person, zynisch und ohne viel vom Leben zu erwarten. Das erste Drittel des Buches hindurch bin ich Guja sehr gern gefolgt. Die Handlung war für meinen Geschmack zwar stellenweise etwas zu schnell, so dass wenig Zeit für die innere Entwicklung und für Beziehungsbeschreibungen blieb, aber da sie spannend und nachvollziehbar blieb, habe ich gern und mit Genuss gelesen. Das änderte sich dann in der Mitte des Buches. Ich ertappte mich dabei, mich zu langweilen, was vor allem daran lag, dass ich die zahlreichen Plottwists nicht mehr nachvollziehen konnte. Hinzu kam, dass sich plötzlich grammatikalische und Rechtschreibfehler häuften; manchmal waren ganze Sätze so verquer, dass ich auch nach mehrfachem Lesen nicht verstand, was der Autor mir sagen wollte. Es störte mich außerdem zunehmend, dass Darkener seiner Guja immer mehr zumutete. Sie reagierte zwar auf die Gewalttaten und Übergriffe, denen sie ausgesetzt ist, ihre emotionale Kühle wurde aber spätestens jetzt für mich zum Hindernis, weil ich mich ihr nicht wirklich nahe fühlen konnte. Darkener verzichtet glücklicherweise auf ausführliche Gewaltschilderungen, trotzdem lässt mich als Leserin das, was Guja passiert, nicht kalt. Mein Hauptproblem war jedoch, dass die Gewalt mir sinnlos und nicht nachvollziehbar erschien.

Ich las trotzdem weiter, in der Hoffnung, dass ich irgendwann wieder verstehen würde, worum es in diesem Buch eigentlich geht. Guja ist offenbar mehr, als sie zu sein scheint. Sie hat irgend eine versteckte Fähigkeit. Aber auch nach dem zweiten Drittel war unklar, was diese Fähigkeit ausmacht. Große Handlungsentscheidungen der Protagonistin konnte ich nicht einmal ansatzweise nachvollziehen. Guja wurde immer kühler und humorloser, so dass es mir immer schwerer fiel, mich für sie zu interessieren. Zudem hetzt sie von Plotpunkt zu Plotpunkt und darf nie irgendwo ankommen, was in mir das Gefühl hervorrief, ihr lesend hinterher zu hetzten, ohne eine Idee zu haben, warum um Himmels willen sie jetzt tut, was sie tut. Am Ende ließ das Buch mich ziemlich ratlos und enttäuscht zurück: Ich hatte weder verstanden, was passiert war, noch warum. Und ich verstand auch nicht, warum ihr im Laufe der Geschichte diese oder jene Person offenbar doch irgendwie nahe gekommen war.

Mein Fazit für „Die Schwarmkönigin“ ist daher ein enttäuschendes: Nach einem wirklich gelungenen Anfang kann das Buch leider nicht halten, was es verspricht. Was wirklich schade ist, denn Darkener hat sehr eigenwillige und starke Figuren geschaffen, die sich in einem ausgearbeiteten und vielfältigen Universum bewegen.