Becky Chambers: A Prayer for the Crown-Shy (Monk & Robot 2). Tom Dohorty Associates
berührendes Wohlfühlbuch
Der Mensch Dex und der Roboter Mosscap, die man schon aus dem ersten Band kennt, bereisen zusammen die Menschenwelt. Ohne Spannungsbogen im klassischen Sinne folgen wir den beiden lesend, sehen zu, wie Mosscap verschiedenen Menschen seine Forschungsfrage stellt: „What do you need?“ Natürlich ergeben sich die absurdesten Begegnungen und Antworten.
Dex beschließt, seinen Beruf aufzugeben und nicht wieder Teezeremonien abzuhalten. Dex wird so zum Begleiter von Mosscap, lässt sich im Wesentlichen treiben. Gemeinsam entdecken sie Dex’ Welt neu. Mich hat dabei recht schnell eine Leerstelle gewundert, die mir schon im ersten Band aufgefallen ist, und die ich hier nicht näher benennen möchte, weil sie am ehesten das ist, was in diesen Büchern den Spannungsbogen bildet. Der Text geht dieser Leerstelle nach und reichert sie immer weiter an, bis Dex und Mosscap Dex’ Familie besuchen und kurz darauf alles in einem enorm berührenden Gespräch kulminiert, das mir die Tränen in die Augen getrieben hat. So ergibt sich ein beide Bücher durchziehendes zentrales Thema, das über weite Strecken recht unauffällig mitläuft – was ich als eine hohe Kunst empfinde! Und plötzlich bekommt der Titel einen Sinn. Einen sehr, sehr schönen.
Daneben behandelt Chambers weiter Themen wie Sterblichkeit und was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet. Mich haben vor allem die Begegnungen mit Menschen, die willentlich auf jegliche Technik verzichten, berührt.
Nachgehen möchte ich außerdem der Frage nach Chambers Sprache. Ich habe den Text auf englisch gelesen und bin weit davon entfernt, diese Sprache wirklich durchdrungen zu haben. Mich hat es trotzdem fasziniert, wie Chambers in ihrem Text Einfachheit und Eigenwilligkeit verbindet, wie sie manchmal erklärt, was nicht erklärt werden muss, und mich genau darin berührt, beispielsweise wenn sie über Mosscap schreibt: „It fastened a buckle, that did not need fastening.“ Nach aktuellem Schreibratgebertrend würde man sich fragen, ob das nicht zu wenig „show don’t tell“ sei – und damit womöglich genau das zerstören, was mich daran so berührt. Mir wird auch noch einmal deutlich, wie viele Ebenen von Zeigen und Erklären es gibt. Hier wird erklärt, dass die Schnalle fest genug sitzt. Aber es geht nicht um die Schnalle, sondern um das Gefühl dahinter und dieses wird genau durch die oberflächliche Erklärung gezeigt. Meine Vermutung ist, dass für diese Stellen im Deutschen andere Lösungen gefunden werden müssten, weil manche Erklärung, die im Englischen einfach fließt, im Deutschen sperrig wäre. Schade, eigentlich.
Fazit: Ein sehr warmes, langsam fließendes Buch ohne jede Action, mit berührenden Begegnungen und einer sehr unterschwelligen Tiefe.
Unterhaltung: 2,5 von 3
Sprache/Stil: 2,5 von 3
Spannung: 2 von 3
Charaktere/Beziehungen: 3 von 3
Originalität: 3 von 3
Tiefe der Thematik: 3 von 3
Weltenbau: 3 von 3
Gesamt: 19 von 21