QueerWelten Heft 5. Ach je Verlag

bunt und anregend

 queerwelten 052021

Auf die fünfte Ausgabe der QueerWelten, vom Verlag als vierteljährlich erscheinendes queerfeministisches Science-Fiction- und Fantasy-Zine beschrieben, habe ich sehnsüchtig gewartet. Denn sie enthält einen Text von mir und das gab es nun (zu) lange nicht.

Ausgabe fünf liegt gut in der Hand, das lichte Solarpunk-Cover von Tanks Transfeld spricht mich sehr an. Enthalten sind diesmal drei Geschichten und ein Essay, sowie der Queertalsbericht, der sich diesmal Novellen widmet.

 

 

Stadt der Sündigen von Romy Wolf ist eine schöne, leicht lesbare Geschichte um eine verflossene Liebe und die Sehnsucht danach, sie wieder aufzugreifen, das Verlorene wiederhaben zu wollen. Die Geschichte spielt in einer postapokalyptischen Welt, wobei einerseits eine eindringliche (und bedrückend wirkende) Atmosphäre vermittelt wird, andererseits aber vieles offen bleibt und viel Hintergrund nur angedeutet wird. Für mich unbefriedigend ist das Ende der Geschichte, das keins ist – es bleibt einfach offen.

Das letzte Marzipanbrot von Rebecca Westkott ist eine witzige, absurde und doch wieder schmerzhafte und deprimierende Geschichte, die auf mich traumhaft anmutet. Fantasie und Realität vermischen sich, es geht um Behinderung und Schmerz, darum, als normal erachtete Dinge nicht leisten zu können und damit immer wieder auf Unverständnis zu stoßen. Ich hatte das Gefühl, in eine andere Lebenswelt eintauchen zu können, was ich als bereichernd empfunden habe. Die Geschichte scheint einerseits im Hier und Jetzt zu spielen, andererseits gibt es Einhörner und andere Fabeltiere, fantastische Verfremdungen, die keinen nachvollziehbaren Regeln folgen. Für mich etwas enttäuschend war die rein böse Darstellung des Reha-Beraters beim Arbeitsamt und des Chefs der Prota.

Die dritte Geschichte ist mein eigener Text Rechter Haken. Im Zentrum des Textes steht einer der Protagonisten meines aktuellen Romanprojekts „Etomi“, der Klon Nori. Der Text schildert seine Schwierigkeiten, sich außerhalb des für ihn vorgesehenen Raumes zu bewegen und Rechte für sich einzufordern, von denen er gelernt hat, dass sie ihm nicht zustehen. Es geht um Selbstbehauptung und Angst, um Freundschaft und Vertrauen, um den Umgang mit Diskriminierung und Anderung.

Historisch korrekte Drachenreiter von Alex Prum ist ein Essay über fantastischen Weltenbau. Prum spricht mir an vielen Stellen aus dem Herzen, wenn sier beispielsweise darauf hinweist, dass die Begründung der historischen Korrektheit für die Fortführung von Rassismen, Sexismen oder Transphobie in erdachten Welten herhalten muss. Prum weist richtig darauf hin, dass eine erfundene Welt, die nicht unserer heutigen gleicht (was ja so sein muss, sonst wäre es ein historischer Roman und keine Fantasy) natürlich Unterschiede haben muss, die dann auch Auswirkungen auf Machtverteilungen haben. Wenn es in einer Fantasiewelt keine Antike gab, keine Kirche gibt usw. kann nicht davon ausgegangen werden, dass Geschlechterbilder denen gleichen, von denen wir heute annehmen, dass es sie im europäischen Mittelalter gegeben habe. Realistisch wäre es dann nicht so, dass die Gesellschaft sexistisch und heteronormativ ist, sondern realistisch wäre es, dass sich Macht entlang von Magiebegabtheit entlang verschiebt und dass magische Techniken benutzt wurden, um Körper den eigenen Vorstellungen anzupassen. Prums Gedanken zu Weltenbau haben mirLust gemacht, mich auch einmal im Fantasygenre zu versuchen – denn wenn ich nicht im Mittelalter-Klischee-Einheitsbrei rühre, könnte das richtig spannend sein.

Das Heft schließt mit dem Queertalsbericht ab, der sich diesmal Novellen widmet. Natürlich freut mich besonders die Empfehlung für Martha Wells Murderbot-Reihe, es werden aber auch einige mir noch unbekannte Novellen empfohlen, von denen einige gleich auf meiner Leseliste gelandet sind.