QueerWelten Heft 4. Ach je Verlag

lesenswert und augenöffnend

 queerwelten 04 Cover

 

Nach einem Vorwort mit der erfreulichen Nachricht, dass der Fortbestand der QueerWelten für mindestens ein Jahr gesichert ist, folgen drei Kurzgeschichten, ein Essay und der Queertalsbericht, wobei mich in dieser Ausgabe alle Texte ansprachen.

 

 

Teresa Teske: Im Raum steht die Wut

Dieser Sci-Fi-Text hat zwar eine Handlung (bei einer Zollkontrolle fliegen geschmuggelte Flüchtende fast auf) aber diese steht nicht im Vordergrund: Vordergründig ist der innere Monolog der haupthandelnden Person, in dem diese uns ihre Weltsicht präsentiert. Die gelungene Darstellung von Wut und Hilflosigkeit aus einer marginalisierten Position heraus ist zwar nicht temporeich oder eigentlich spannend, aber gut lesbar und blickwinkelerweiternd für alle, die damit nicht vertraut sind (wie mich). Da der Text auch sprachlich schön ist und einen interessanten Weltenbau anreißt, von dem ich gern mehr gewusst hätte, habe ich ihn gern lesen.

Jasper Nicolaisen: Ritterchen Vulva

Dieser satirisch anmutende Text spielt mit Sprache und dabei vor allem mit dem Wort „dengeln“. Die Handlung ist eher assoziativ verständlich und das Genre (SciFi oder nicht) nicht eindeutig zu fassen. Ich mag das Spielerische des Textes und die Art, wie er sich auf leichte Weise mit dem Thema Auslöschung der Menschheit beschäftigt.

Tristan Lánstad: Angesicht zu Angesicht

Dieser Text ist eine Fantasy-Geschichte rund um Magie und ein trans*Coming-out. Eine magisch begabte Person muss in einen Spiegel eintauchen, um die Magieprüfung zu bestehen. Auch in dieser Geschichte bleibt einiges vage, unklar, kann nur assoziativ erfasst werden. Das tut der Stärke des sprachlich sehr bildgewaltigen Textes, der trotzdem ohne Kitsch auskommt, aber keinen Abbruch.

Elea Brandt. Die Angst vor der Cancel Culture

Elea Brandt schreibt in diesem sehr lesenswerten Essay darüber, dass die Angst davor, öffentlich kritisiert und gecancelt zu werden (das heißt, die öffentliche Unterstützung zu verlieren) angeblich die freie Meinungsäußerung zu sehr einschränke. Brandt macht klar, dass dies in den bekannten Fällen nicht der Fall ist, obwohl es behauptet wird. Im Gegenteil: Oft nimmt die Berühmtheit kritisierter Personen eher zu als ab, wobei die ursprünglich kritisierte Grenzüberschreitung (oft eine Reproduktion von -ismen) zunehmend aus dem Blick gerät, und die Person, die sich (möglicherweise unabsichtlich) diskriminierend verhalten hat, wird zum „Opfer“ scheinbar ungerechtfertigter Kritik. Brandt stellt dar, dass marginalisierte Stimmen nach wie vor viel mehr zum Schweigen gebracht werden und dass dies, anders als angebliche Cancel Culture, selten thematisiert wird. Es gibt also eine viel größere und wohltradierte Cancelculture entlang von Privilegien. Wichtig ist daher, nicht Kritiker*innen den Mund zu verbieten, sondern zu lernen, mit Kritik konstruktiv umzugehen, ohne sich angegriffen zu fühlen – auch wenn sie nicht immer perfekt formuliert ist.

Queertalsbericht 1/2021

Den Abschluss macht der Queertalsbericht, diesmal mit einer sehr anregenden Vorstellung von Sach- und Arbeitsbüchern, sowie Online-Kultur und -Ausstellungen.