Claudia Tieschky: Die silbernen Felder. Rowohlt

melancholisch und traumähnlich

Cover silberne Felder

 

 

Die lyrische, ruhige und dichte Sprache der Ich-Erzählerin dieses Buches zog mich schnell in den Text hinein. Ich war wie gefangen von der Intimität der Erzählung, gleichzeitig blieben mir Erzählerin und Welt seltsam fremd. 

 

 

 

 

Die Ich-Erzählerin sucht nach ihrer Schwester und bewegt sich dabei vor allem in Erinnerungen. Tieschkys Text entwickelt seine Spannung nicht aus einer Handlung, die gibt es eigentlich nicht, sondern aus dem Sog des Erinnerten, des Aneinandersetzens von Fragmenten. Bei den wenigen Fetzen Realität bleibt unklar, was echt ist und was Simulation oder Traum, was in mir eine melancholische Grundstimmung hervorrief, die auch durch das Trauern über vergangene Beziehungen entstand. Nichts ist im Jetzt vorhanden, alles ist verflossen. Daneben gibt es Gedanken und Visionen, die aufgrund der starken Erzählstimme sogartig wirken.

Über die Welt erfährt man verhältnismäßig wenig. Klar ist, dass der Text in naher Zukunft spielt und dass alle Daten, die Menschen erzeugen, gesammelt werden, so umfassend, dass schließlich die Menschen selbst digitalisiert werden. Die Erzählerin widersetzt sich dem, hat aber eigentlich keinen Freiraum dazu.

Ich fand es schade, dass die Welterklärungen als kursive Einschübe in den Text gestaltet waren, so blieben sie mit diesem unverbunden und die Welt wurde wenig plastisch. Wahrscheinlich auch darum hat das Ende für mich einen faden Beigeschmack, ist mir etwas zu sehr um Unkonkreten gelassen, obwohl das, was angedeutet wird, durchaus konkret ist. Vielleicht habe ich das Ende auch einfach nur nicht ganz verstanden.

Die Stärke des Textes liegt meines Erachtens nicht im Plot, sondern in der Sprache und der differenzierten und glaubwürdigen Ausgestaltung der Innenwelt der Protagonistin. So ist ein Text entstanden, der zwar der Science Fiction zugeordnet werden kann, der aber die klassischen Elemente (zukünftige Gesellschaft und Technik) nur sehr hintergründig aufgreift. Personen, die Literatur-Literatur ;) mögen, werden hier sicher gut bedient. Aber auch SF-Fans, die sich auf einen langsamen Text einlassen wollen, werden auf ihre Kosten kommen.