Raphaela Edelbauer: Dave. Klett-Cotta.

sprachlich dicht, beklemmend

 Cover Dave

„Dave“ liest sich nicht wie Science Fiction, sondern wie hohe Literatur: Die dichte, stellenweise wie eine wissenschaftliche Arbeit anmutende Sprache erlaubt kein schnelles Lesen. Es brauchte etwas Zeit, bis ich mich in diesen Text hineinfinden konnte, ich mich darauf einließ. Aber dann war es durchaus eine lohnenswerte Lektüre.

Was mir als erstes auffiel, war die Beziehungslosigkeit des Protagonisten Syz, der in der Ich-Form erzählt. Er erscheint seltsam körperlos, als schwimme er irgendwie surreal durch eine Welt, deren Weltenbau sich mir bis zum Schluss nicht wirklich erschloss. Zentral ist es, DAVE zu schaffen, eine künstliche Intelligenz, die Bewusstsein hat und sich selbst erkennen kann. Um Dave ist die gesamte Welt angeordnet, er ist die zentrale Figur oder auch Vision. Daneben erscheinen die anderen Personen fast blass: Ich verstand nicht, wie die Freundschaften funktionieren, wie Syz sich den Leuten nahe fühlt (und warum) und warum scheinbar niemand sinnlich oder körperlich spürbar zu sein scheint. Syz, so heißt es im Text, ist ein Mann, ich erlebte ihn aber nicht als solchen. Geschlechtliche Zuschreibungen werden in dem Text zwar benannt, spielen aber kaum eine Rolle, weil fast alle Personen körperlos wirken.

Auch die Sprache wirkt seltsam surreal: Sehr reich an Fremdwörtern, wobei mir erst nach einer Weile klar wurde, dass ich manche davon nicht kenne, weil Edelbauer sie erfunden hat. „Zerklittern“ ist so ein Wort, das mir im Gedächtnis geblieben ist und das so lautsprachlich dicht beschreibt, wie es sein kann, sich in etwas zu verlieren. Edelbauer gelingt dabei eine atmosphärische Dichte, die ich enorm gelungen finde.

Ungefähr ab der Mitte des Romans kam mir ein Verdacht, wie sich das alles erklären ließe. Ich will ihn hier nicht verraten, daher nur so viel: Der Roman wird in der Folge immer surrealer, es ist irgendwann klar, dass keine reale Welt wie beschrieben funktionieren kann. Leider gab es dabei für meinen Geschmack deutliche Längen, auch die Einschübe fiktiver wissenschaftlicher Arbeiten waren für meinen Geschmack zu lang. Trotzdem schaffte der Text es immer wieder, mich in seinen Bann zu ziehen, hatte zwischendrin fast thrillerhaft anmutende Züge, wenn man den Protagonisten bei seiner Reise begleitet.

Das Ende hat mich dann, ich muss es zugeben, etwas enttäuscht. Für mich war es keine Überraschung und löste viele der entstandenen Fragen nicht wirklich auf. Auch ist es etwas zu düster. Trotzdem ist es folgerichtig und passend, ein Abschluss eines dystopisch anmutenden Textes, der das melancholische Gefühl, das ich mit dem Text verbunden habe, gut aufgreift. Insgesamt also eine klare Leseempfehlung für Personen, die langsame, sprachlich dichte Texte mögen.