Annika Beer: Succession Game. Piper
spannend und sprachlich schön
Ich mag die Sprache dieses Buches, die eigenwilligen Vergleiche und Beschreibungen, die gelungenen Beobachtungen der Charaktere. Einige Zitatbeispiele:
„„Komm“, sagte er mit einer Stimme, die sich leise und eigentümlich weich anfühlt.““
oder
„Hathis Gesicht sah irgendwie grau aus. Wie sie auf einer der Bänke hockte, fest in ihre senfgelbe Strickjacke gewickelt, die Knie bis unters Kinn gezogen und mit einer Miene, als wäre sie am liebsten in ihre Thermosflasche gekrochen.“
Ich finde, das ist atmosphärisch schön, sprechend, und doch leicht lesbar.
Mich hatte der Text auch gleich am Haken, allerdings habe ich mich dann etwas in den vielen Ebenen und Charakteren verloren: Da sind Lynn und Rafael , zwei Ärzt*innen, die einmal ein Paar waren und die die Spieler*innen des Spiels betreuen, das im Zentrum des Buches steht. Da ist eine WG mit drei Leuten, die das Spiel ansehen, wobei eine Person davon im Hintergrund Designs für das Spiel erstellt. Und da sind die Spieler*innen selbst, zehn Personen, von denen ich mir nur drei gemerkt habe: Die Wolfsperson, Theo, der bislang vier Mal in Folge das Spiel gewonnen hat, und Clue, eine Privatdetektivin.
Auch wenn die Charaktere sehr gut eingeführt werden, hat das Buch für mich dann einen Hänger: Ich verstehe nicht, warum irgendwer dieses Spiel spielen sollte, was die individuellen Gründe der Mitspielenden sind, sich dem auszusetzen. Dadurch fehlt dem Buch für mich die Tiefe. Auch werden die einzelnen Personen zwar wirklich gelungen eingeführt, es gibt aber dann nicht wirklich eine Vertiefung, sie bleiben eher wie Holzschnitte – wenn auch recht differenzierte. Es dauerte eine Weile, bis bei mir der Verdacht auftauchte, dass das damit zu tun hat, dass die Personen nur Personas sind, also Spielcharaktere, – und dass sie auf das, was sie wirklich sind, während des Spiels nur begrenzten Zugriff haben. Daraus ergibt sich dann die Schwierigkeit, den Weltenbau um das Spiel herum zu beschreiben, die Bedeutung des Spiels für die Welt klar zu machen, denn das wäre ja genau das, was den Personas verloren ging.
Es wird zwar irgendwann in einem Satz erklärt, wer das Spiel spielt, aber das ist für mich zu wenig. Auch was eine Persona ist, bleibt vage, und auch, wie die Drogen, die die Spielenden bekommen, wirken. Meines Erachtens hätte Annika Beer hier die Perspektiven, die im Außen spielen, etwas besser nutzen können um dieses Außen zu zeigen.