June Is: Simas Fluch. Gefangen zwischen den Zeilen. Ohneohren

unterhaltsames Häh?

 june final highres

In einer Welt, in der es Magie gibt, gibt es Bücher, in die man eintauchen kann: zum Vergnügen, aber auch zur Strafe, um „geläutert zu werden“. Die Protagonistin Aislyn ist sehr neugierig und taucht in eines der Gefängnisbücher ein, das sie quasi dazu einlädt – und ein Abenteuer beginnt. Was erst in einer Fantasywelt beginnt, wird mehr und mehr zu Science Fiction, wobei keine der drei Welten, zwischen denen der Text wechselt, genug ausgearbeitet ist, um wirklich dem Titel „Social Science Fiction“ gerecht zu werden. Die magischen Fähigkeiten spielen für die erzählte Geschichte kaum eine Rolle und die Bücher sind eher wie PC-Spiele mit vollem Eintauchen mit allen Sinnen, wie man sie auch aus diversen Science-Fiction-Welten kennt. Gamer werden bekannte Elemente wiedererkennen: Zwischenbildschirme und Inventare beispielsweise.

 

Mein Science-Fiction-Jahr 2021

ein Rückblick und Zwischenfazit

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Ich bin Science-Fiction-Fan, so lange ich denken kann. Schon im Vorschulalter klebte ich an der Mattscheibe, wenn es etwas außerhalb der Erde zu entdecken gab. Später lass ich die osteuropäischen Werke aus der Sammlung meines Großvaters. Im letzten Jahr fiel mir auf, dass ich mittlerweile fast nur englischsprachige Bücher lese – und so nahm ich mir vor, das zu ändern. 2021, so mein Vorhaben, lese ich so viele deutschsprachige Neuerscheinungen im Bereich Science Fiction wie ich mir leisten kann – sowohl Kurzgeschichten als auch Romane. Eigentlich war meine Idee, über alles zu bloggen, was ich so lese. Ich träumte von einem Kopfsprung in tolle Texte, der Entdeckung neuer Welten und Charaktere, dem wollüstigen Schwelgen in Sprachkreationen und, so dachte ich, der Entdeckung von Selfpublishern und Kleinverlagen. Meine Vorstellung war, dass das Limit mein Geldbeutel sein würde.

Magret Kindermann (Hg.): dahinter (Anthologie-Trilogie). Bod

kurzweilige Denkanstöße

 Cover Dahinter

Auf diese Anthologie war ich sehr gespannt: Einerseits, weil sie mich thematisch interessierte (Geschichten, in denen eine zweite Ebene entdeckt werden kann), andererseits, weil ich viele der enthaltenen Namen zumindest von Twitter kenne und drittens, weil ich selbst einen Text dafür geschrieben habe (der dann nicht genommen wurde) und gespannt war, warum er nicht passte.

Was ich schonmal verraten kann, ist, dass diese Anthologie meinen Lesegeschmack sehr getroffen hat. Die Geschichten sind für mein Dafürhalten stilistisch ausgereift, die Plots interessant (bis auf einen, den ich nicht verstanden habe) und sie sind leicht und unterhaltsam zu lesen. Dazu kommen sehr ansprechende Illustrationen, die auch auf dem Reader gut dargestellt werden – wobei sich hier die Printausgabe sicher lohnen würde. Nur eine Sache an dieser Anthologie hat mich verwirrt: Ich habe bei keinem einzigen Text die zweite Ebene entdecken können.

Uli Bendick, Aiki Mira und Mario Franke (Hg.) Am Anfang war das Bild. Hirnkost

 

Worte und Bilder

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Die Idee zu dieser Anthologie hat mich gleich überzeugt: Texte zu bereits vorhandenen Bildern. Leider ist das entstandene Papierbuch recht hochpreisig, so dass ich mich mit dem e-book begnügt habe. Und da muss ich leider sagen, dass das für mich so nicht funktioniert hat. Dass die Bilder schwarz-weiß nicht so toll wirken, hatte ich vorausgeahnt. Dass aber ein Teil der Texte unlesbar sein würde – das hatte ich nicht geahnt. Offenbar hat der Verlag ein Design gewählt, bei dem auch die Schrift Farben hat (aber natürlich kann ich nur erahnen, woran es lag). Auf meinem zugegeben nicht ganz neuen Kindle waren jedenfalls alle Überschriften und alle Kommentare zu den Bildern nicht lesbar. Dass sie vorhanden waren, erkannte ich nur beim Umblättern, da wurde die Schrift kurz sichtbar. Daran hat auch ein Ändern der Einstellungen des Readers nichts geändert. Ich kann also schonmal verraten, dass Überschriften für mich zum Textgenuss beitragen.

Trotz der technischen Herausforderungen hat sich diese Anthologie für mich gelohnt: einige Texte haben mich sehr berührt. Andere trafen nicht meinen Geschmack – oder ich habe sie vielleicht schlicht nicht verstanden.

Friedemann Brenneis (Hg.): Magic Future Money. Aprycot

durchwachsen, mit lesenswerten Perlen

Cover Magic Future MoneyEine Kurzgeschichtensammlung rund um das Geld der Zukunft – das klingt spannend, dachte ich. Nach den ersten beiden Geschichten war ich begeistert von dieser Anthologie. Leider lässt die Qualität der Texte danach rapide nach, manche haben sogar massive Fehler (erratisch wechselnde Zeitformen beispielsweise), die in mir die Frage aufwerfen, ob die Texte lektoriert wurden. Manche der Texte scheinen nur aufgenommen worden zu sein, weil sie möglichst absurde Ideen von Zahlungsmitteln der Zukunft präsentieren – gute Geschichten erzählen sie aber nicht. Da wird mit Leben gezahlt, mit Atomen, mit Energie, mit Glas, mit virtuellen Währungen, die automatisch mehr oder weniger werden, oder mit Zeit. Das mag thematisch spannend sein, von einer Kurzgeschichtensammlung erwarte ich aber vor allem Unterhaltung und Anregung.

Trotz dieser Einschränkungen ist die Sammlung lesenswert und enthält einige Kurzgeschichten-Perlen. Neben dem gedruckten Buch mit goldenem Cover ist sie seit einiger Zeit auch als e-book kostenlos erhältlich: https://magicfuturemoney.de/buch/#ebook

S.M. Gruber, Liv Modes, Jen Pauli, Nadja Kasolowsky & Katharina Stein (Hg.) : GroßstadtGeheimnisse. Funkentanz im Dämmergrund. bod

 stilistisch und inhaltlich ansprechende Sammlung

Berlin Authors Grostadtgeheimnisse Cover klein

 

26 Kurzgeschichten sind eine Menge – meiner Erfahrung nach gelingt es fast nie, so viele Geschichten zu sammeln, bei denen ich Freude am Lesen habe. Umso erfreulicher, dass hier mein Geschmack so gut getroffen wurde: eine Perle reiht sich an die nächste. Ja, es sind einige Texte dabei, die mich weniger ansprechen, aber es gab nur einen, bei dem ich keine Qualitäten entdecken konnte – und das kann auch gut Geschmackssache sein oder ich stand einfach auf dem Schlauch. Da mein eigener Text in dieser Anthologie dabei ist, weiß ich, dass das Lektorat sehr sorgfältig war, das macht sicher viel aus, vor allem stilistisch.

Auch interessant: Nicht wenige Geschichten haben fantastische Anteile und fast alle sind irgendwie traurig, haben eine melancholische Grundstimmung. Es geht um Einsamkeit in all ihren Facetten, um die meist vergebliche Suche nach Anschluss – etwas, was viele mit Großstadt assoziieren und somit thematisch auch gut passt.

Ähnlich interessant ist für mich, dass viele Texte Beispiele für eine gute Repräsentation von Personen mit psychischen Störungen sind: Da gibt es Depressionen und Sucht, Demenz und sogar einen Text zu Schizophrenie, der mal nicht in die Klischeefalle tappt.

Sven Haupt: Stille zwischen den Sternen. Eridanus

ethische Fragen lyrisch verhandelt

stille haupt eridanus cover 8579c972Ich gebe zu: Ich habe dieses Buch zunächst links liegen gelassen – und zwar wegen des mich nicht ansprechenden Covers. Ich erwartete eine süßliche Romance-Geschichte und die sind gar nicht mein Ding. Dann wurde es aber für den DSFP nominiert – und ich bin froh, dass ich das zum Anlass genommen habe, dann doch einmal reinzulesen.

Der Einstieg ließ mich zunächst verwirrt zurück: Da lese ich angeblich Aufzeichnungen einer KI und die weiß etwas, was niemand beobachtet hat und daher auch niemand wissen kann. Und dann gibt es (scheinbar) eine zweite KI, die Gefühle und eine Mutter hat – wie kann das sein?

Die Welt, die Haupt baut, wird nur sehr langsam etwas verständlicher, wobei bis zum Ende zahlreiche Fragen offen bleiben. Gleichzeitig entwickelt der Text schnell einen Sog, der nicht eigentlich in Spannung besteht – was passiert, bleibt unklar, vage, irgendwie zwischen Realität und Traum oder auch Wahn.

Das größte Rätsel an diesem Text ist, wie er es schafft, mir Rätsel über Rätsel aufzugeben, mich trotzdem bei der Stange zu halten: Viele der recht kurzen Kapitel bestehen nur aus Gedanken einer KI, es gibt keine wirkliche Handlung und die Erzählweise ist nicht chronologisch, sondern springt zwischen mindestens drei Zeitebenen hin und her (so sicher bin ich mir bei der Anzahl nicht), ohne dass mir ersichtlich wird, warum diese Art der Erzählung gewählt wird. Da sind angebliche Tagebuchauszüge, aber keiner davon ist in der Ich-Form. Auch die Protagonist:innen werden nicht recht fassbar: Da ist Hien, ein Mensch-Maschinen-Wesen, das vielleicht nie wirklich menschlich war. Und da ist die KI Jane, die auf Hien aufpassen soll, aber sehr viel menschlicher wirkt als diese. Daneben gibt es einen Vorgesetzten von Hien und einen Militärpsychologen – wobei sehr schnell sichtbar wird, dass Hien beiden meilenweit überlegen ist, was ihre Handlungsmöglichkeiten angeht – und gleichzeitig meilenweit unterlegen, denn sie scheint nicht in der Lage, irgendeine Form von wirklicher Beziehung einzugehen. Das ist das Spannungsfeld, das der Text für mich aufmacht: Fragen rund um Menschlichkeit und Beziehungsfähigkeit, um Ethik und Machbarkeit, die vage bleiben und gerade deshalb so spannend sind, denn auch in unserem Alltag lassen sie sich erfahrungsgemäß selten wirklich fassen.

Ivan Ertlov: Stargazer – Das letzte Artefakt

solide und spannend

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Ich mochte den Schreibstil von der ersten Seite an: flappsig, mit einem sarkastischen Humor, sich selbst nicht ernst nehmend. Dabei wird man in eine bunte Welt geworfen, die man sich erst einmal zusammenbasteln muss. Das dauerte mir tatsächlich etwas zu lange und als dann eine ekelhafte Kampfschilderung kam, wäre ich fast ausgestiegen. Hier hätte eine Straffung des Textes meines Erachtens gut getan.

Zum Glück geht es danach richtig los: Frank Gazer, einer der letzten lebenden Menschen, will sein Glück versuchen und ein eigenes Schiff haben. Aber die Menschen gelten als barbarisch und gefährlich und sein Startpunkt ist alles andere als gut. Natürlich schafft er es und geht im Weltall auf Schatzsuche.