Diana Menschig, Grit Richter (Hg.) Die Kaffeefee. Zwischen Chaos-Cappuccino und Magischer Melange. Art Script Fantastik
romantisch anmutende Getränkekarte
Dani Aquitaine: Schwarzrausch
Eine alte Frau lebt allein in einem Haus am Wald und hat gleich zweimal unerwarteten Besuch: Vom Nachfahren ihres verstorbenen Vermieters und von einem fliegenden Fabelwesen. Sprachlich konnte ich in diesen Text gut einsteigen, er liest sich flüssig und ist angenehm phrasenarm. Inhaltlich ist der Text nicht neu und ich ahnte schon früh, dass ihr Wohnrecht natürlich von dem bösen Immobilienerben bedroht ist und sie Hilfe von den Fabelwesen bekommt, um ihren Wohnort zu retten. Dani Aquitaine hat daraus trotz des vielfach bekannten Stoffs einen witzigen und unterhaltsamen Text gemacht, der sich nicht an allen Stellen völlig erschließt, gerade aber durch die sich nicht ernst nehmenden Wendungen besticht.
Annika Franke: Eine Bohne zwischen Himmel und Hölle - Auf den Spuren von Typhon Smirks Kaffee
Journalistin Ophelia ist von ihrem Alltag genervt und strebt nach Höherem. Die etwas hochnäsig und gleichzeitig naiv erscheinende Ophelia lebt mit der Phönixhenne Hope, die ihr sagt, was sie tun soll. Was sie tut, ist altbekannt: Sie versucht, ein Geheimnis herauszufinden – das von Smirks Kaffee –, um eine großartige investigative Journalistin zu sein. Ophelia stellt sich dabei so ungeschickt an, dass (Achtung Spoiler, ggf. erst im nächsten Absatz weiterlesen!) es nicht erstaunt, dass sie das Ganze nicht überlebt, was die Spannung mindert.
Hinzu kommt, dass der Text viele Dinge in der eigentlich interessanten Welt behauptet, anstatt sie uns zu zeigen, so dass wenig Atmosphäre entsteht. Für meinen Geschmack ist der Text zu süßlich und klischeebeladen, auch an Phrasen mangelt es nicht: „Verwünschungen an den Hals werfen“, „mit letzter Kraft“ … Das Ende hält eine kleine Überraschung bereit, aber da ein Phönix nunmal ein Phönix ist, ist auch diese nicht wirklich überraschend.

Wie immer liegt schon die nächste Exodus hier, wenn ich mit meiner Rezension soweit bin. Diesmal gab es einige Texte, die mich angesprochen haben. Aber auch einiges für mich Schwieriges ...
Caius Fichtner, ein Arzt, der sich auf Kosten seiner Patient*innen zu bereichernd sucht und dabei buchstäblich über Leichen geht und Savoy Midthunder, eine frisch im Job angekommene Sicherheitsexpertin, die Kunstobjekte bewacht – das sind die Protas dieses Romans. Die Figuren werden rasch eingeführt und gelungen durch spezifische Beschreibungen charakterisiert: Savoy hat die Angewohnheit, in der Aufregung Palindrome zu rezitieren und Caius orientiert sich nur an Marken, ein Chauvinist, der sich ausschließlich für sich selbst interessiert.
Ich mag die Sprache dieses Buches, die eigenwilligen Vergleiche und Beschreibungen, die gelungenen Beobachtungen der Charaktere. Einige Zitatbeispiele:

Ich weiß, ich bin spät dran. Es ist bereits April, und ich komme zu meinen Highlights des Jahrgangs 2022! Ich habe lange gebraucht zum Lesen. Von den 2022 erstmals auf deutsch erschienenen Werken deutschsprachiger Autor*innen habe ich 231 Kurzgeschichten und 24 Romane gelesen bzw. angelesen. Hinzu kommen Artikel, Interviews und übersetzte Texte. Daraus, dass nur ein kleiner Teil der gelesenen Texte hier rezensiert wurde, lässt sich bereits ablesen, dass mir doch so einiges missfallen hat. Manches traf einfach nicht meinen Geschmack, anderes … nun, dazu später! Rezensiert habe ich nur, was ich auch bis zum Ende gelesen habe, und das war gerade bei den Romanen nicht so oft der Fall. Auch wenn meine Rezensionen häufig kritisch klingen: Hier rezensiert zu sein, heißt bis auf wenige Ausnahmen, dass ein Text mich grundlegend erst einmal überzeugt hat. Das Gemecker ist dann der Bonus. ;)
Was sofort auffällt, wenn man dieses Heft in die Hand nimmt, ist die liebevolle und aufwendige Gestaltung. Die Illustration nimmt fast den gesamten Raum ein, die Schrift ist sehr zurückhaltend am oberen Ende der Seite platziert. Zu sehen ist eine futuristisch-asiatisch wirkende Großstadt; im Vordergrund sind zwei Figuren mit gebogenen Schwertern und auf der Rückseite eine kindlich wirkende Figur mit retrofuturistischem Helm. Der glänzende Kartoneinband lässt die Farben der Illustration brillant wirken, auch innen sprechen der großzügige Satz und die vielen Illustrationen in verschiedenen Stilen an. Die Mischung aus Kurz- und Kürzestgeschichten, einem Comic, Interviews, einem Werkstattbericht und Rezensionen wirkt ebenfalls durchdacht. Das „Weltenportal“ ist gratis als pdf zu haben, ich finde aber eindeutig, dass sich der Kauf der Printausgabe lohnt, denn so hat man einfach mehr von den Illustrationen.